DFG Graduiertenkolleg 1608 / 1 Selbst-Bildungen. Praktiken der Subjektivierung in historischer und interdisziplinärer Perspektive

Jörn Esch

Promotionsprojekt

"Das Subjekt des Fußball"

Abstract

 

Das Fußballspiel stellt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit die beliebteste Sportart in Deutschland dar; dem war allerdings nicht immer so. Neben anderen aus England 'importierten' Sports war es besonders das Fußballspiel, welches mehr als kritisch von den Zeitgenossen wahrgenommen wurde.

Wie dieses Spiel im deutschen Kaiserreich zwischen 1875 und 1918 etabliert wurde und wie 'die Deutschen' zu Fußballern wurden, dem wird in dem Promotionsvorhaben „Das Subjekt des Fußballs“ nachgespürt.

Im Jahre 1875 erschien die erste Publikation im deutschen Kaiserreich zum Fußball. Die von Konrad Koch verfasste Schrift „Fussball. Regeln des Marthino-Katharineums zu Braunschweig“ informierte die Zeitgenossen dabei nicht nur über die Regeln, sondern Koch beschrieb darin auch den ersten zielgerichteten Versuch einer Einführung des Fußballspiels in Deutschland. Es gilt als recht sicher, dass der Fußball sich ab 1918 zu einem Massenphänomen entwickelte, daher kann davon ausgegangen werden, dass zu diesem Zeitpunkt der Fußball (relativ) etabliert war,

Ausgehend von diskursanalytischen Überlegungen wird die Legitimierung des Fußballs als 'Heilmittel' für den 'degenerierten Volkskörper' hinsichtlich eines Einschreibungsprozesses in den zeitgenössischen Diskurs der Degeneration untersucht. Es soll allerdings nicht dabei bleiben lediglich die Legitimierung auf einer diskursiven Ebene zu analysieren, sondern in einem zweiten Schritt sollen die Effekte untersucht werden, die das Sprechen über den Fußball auf seine Praktiker hatte. Es wird davon ausgegangen, dass sich im Rahmen der zunehmend publizierten Praxisanweisungen für das 'richtige' Fußballspielen eine spezifische Subjektform entwickelte, die man – mit aller Vorsicht – als „Fußballer“ bezeichnen dürfte.

Zur Untersuchung dieser These werden neben den genannten Praxisanweisungen vor allem Bildquellen analysiert. Ferner soll es analytisch darum gehen, möglichst 'nah' an die historischen Praktiken der Fußballerselbstbildung heranzukommen, indem Trainingspläne und Spielbeschreibungen analysiert werden.